Tiefe Seufzer kommen von ihren Lippen. Das Bein will einfach nicht hoch. Wieder und wieder versucht Jessica ihr Bein mit beiden Händen mühsam über den fuchshaarigen Rücken des Pferdes zu heben. Sie macht eine Verschnaufpause. Ihre Hand streift über die rauen Fasern der Pferdedecke und streichelt das weiche Fell des Tieres.
Es klackert leise als der Wallach mit seinem Trensengebiss spielt. Plötzlich spitzt er seine Ohren und reckt seinen Kopf in die Höhe. Das Kind nimmt diesen Impuls auf. Noch einmal anstrengen. Endlich rutscht das Bein über den Pferderücken. Jetzt sitzt sie zwar verkehrt herum aber strahlt mit einem Siegesgrinsen. „Vorwärts“ ruft die Pferdeführerin leise. Die langen Zügel schwingen leicht und das Pferd geht los. Sein Schritt ist langsam und entspannt. Die Therapeutin, die ununterbrochen mit schützender Hand in Jessicas Nähe ist, jubelt mit ihr, weil sie die schwierige Aufgabe gemeistert hat. Jessica lächelt die Pferdeführerin an und diese lächelt zurück - ein Spiegelbild der guten Laune. In der Halle ist die Luft kühl und still, schweigend über der Erfolgszene.
Jessica ist 9 Jahre alt und kann kaum reden. Sie kann nur schwer alleine laufen – ihr Schicksal, ein extrem seltene Krankeit, die ihr Leben in vielen Aspekten einschränkt. Aber Sie kann auf einem Pferd sitzen. Das liebt sie, denn das Pferd achtet sie ohne Kritik, nimmt sie wahr ohne Vorurteile und schenkt ihr Vertrauen ohne Worte.